Drittmittelprojekt

Die Entwicklung des Gerichtsverfahrens in der spätmittelalterlichen Stadt. Lübeck, Köln und Konstanz im Vergleich



Details zum Projekt

Projektlaufzeit: 01/200112/2006



Zusammenfassung
Das DFG-Projekt hatte sich zum Ziel gesetzt, die Kommunikationsweisen vor den Gerichten innerhalb der Stadt quellennah zu analysieren. Es wurde von der Annahme ausgegangen, dass ähnlich wie in der Gesellschaft der Gegenwart die Kommunikationsformen einen wesentlichen Beitrag zur Legitimation der einzelnen Gerichtsentscheidungen und des Gerichtswesens insgesamt leisteten. Anders als in der Moderne erfolgte die Legitimation durch Verfahren (Luhmann) jedoch im Spätmittelalter nicht durch die Isolation des Konflikts und der Parteien in ihrem sozialen Umfeld, sondern durch das Einbinden von Freunden und Verwandten in die Entscheidungsfindung (z.B. durch Eidhelfer, später auch durch Gnadenbitten). Nach der Durchsicht des Quellenmaterials konnte diese erste Annahme weitgehend bestätigt werden; Teilergebnisse wurden bereits veröffentlicht. Im Laufe der Arbeiten ließen die Analysen der Kommunikationsweisen zunehmend Strukturen hervortreten, die weit grundlegendere Aussagen über das hoch- und spätmittelalterliche Gerichtswesen der Stadt erlaubten, als dies vorauszusehen war. Deutlich trat hervor, dass die Kommunikation vor Gericht in unmittelbarer Weise von den genossenschaftlichen Grundstrukturen der Stadt geprägt war. Den Schlüssel für eine Neuformulierung der Grundannahme zur Funktion des Gerichtswesens bildet die in der Vormoderne gänzlich anders gelagerte Mitgliedschaft im Personenverband, aus der sich Konsequenzen für die Rechtsprechung ergeben. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass jeder Streit letztlich die Mitgliedschaft der Konfliktparteien im Verband in Frage stellte. Damit kommt den städtischen Gerichten die grundlegende Funktion zu, über die aus dem Konflikt an sich resultierenden Zweifel an der Zugehörigkeit zu einem Personenverband zu verhandeln. Natürlich wird diese Funktion nicht in jedem Prozess explizit thematisiert. Gleichwohl prägt sie das gesamte Verfahren (etwa hinsichtlich der Wahl des Gerichtspersonals und ortes) und wird zudem an entscheidenden Stellen sowohl von den Richtern als auch von den Parteien in die Konfliktbearbeitung eingeführt (etwa bei Fragen der Zuständigkeit, die zumeist personen- bzw. mitgliedschaftsorientiert behandelt werden, bei der Urteilsschelte/Appellation etc.). Das Projekt leistet damit über die innovative Deutung des kommunalen Gerichtswesens hinaus einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Struktur und Funktionsweise der spätmittelalterlichen Stadt insgesamt.


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Zuletzt aktualisiert 2022-20-04 um 14:10