Betreuungstätigkeit

Vereinbarkeit Automatischer Melksysteme mit dem Tierwohl in der ökologischen Milchviehhaltung

SS 2013



Beschreibung
Ziel dieser Arbeit war es, zu klären, ob der Einsatz von Automatischen Melksystemen mit
dem Tierwohl in der ökologischen Milchviehhaltung vereinbar ist. Automatische Melksysteme
stellen durch die Befreiung der Landwirte von starren Arbeitszeiten und körperlich belastender
Arbeit, wie sie das tägliche Melken erfordert, eine große Entlastung und damit eine interessante
Zukunftsperspektive sowohl für viele älter werdende Landwirte als auch für potentielle
Hofnachfolger dar. Wesentliche Ziele der Tierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft
und Erwartung des Verbrauchers an diese sind eine hohe Tiergesundheit und artgerechte
Haltung zur Sicherstellung eines bestmöglichen Tierwohls. Da bei Rindern als Wiederkäuer
das Grasen eine ausgeprägte Verhaltensweise ist, kommt dem Weidegang dieser Tiere ein
großer Stellenwert als Teil artgerechter Haltungssysteme zu. Die Umsetzung Automatischer
Melksysteme bringt jedoch nicht nur hinsichtlich des Melkvorganges Veränderungen mit sich,
sondern wirkt sich auf das gesamte Haltungsverfahren, das Management und die Fütterung
aus. Welche Folgen dies wiederum für die Tiergesundheit und das Tierverhalten hat, sollte in
der vorliegenden Arbeit ermittelt werden. Dafür wurden Forschungsarbeiten zu den Zusammenhängen
zwischen dem Einsatz von Automatischen Melksystemen und der Tiergesundheit
bzw. dem Tierverhalten herangezogen. Außerdem wurde durch die Erhebung der Weidenutzung
auf 42 Bio-Milchviehbetrieben mit AMS mit Hilfe einer Online-Befragung ermittelt,
ob sich der Einsatz eines AMS auf die Weidenutzung auf den Betrieben auswirkt.
Der ausgewerteten Literatur zufolge können Automatische Melksysteme teilweise abhängig
vom praktizierten Tierumtrieb und Weidegang verschiedene positive oder negative Effekte
auf die Melkfrequenz, das Sozialverhalten und das Fress- und Liegeverhalten der Kühe haben.
Während Weidegang den Kühen das Ausleben ihres arttypischen Fressverhaltens am
besten ermöglicht und die Kühe auf der Weide viel liegen und vermehrt synchrones Herdenverhalten
zeigen, wirkt sich das Lenken des Kuhverkehrs tendenziell negativ auf das Fressverhalten
aus.
Im Bereich der Tiergesundheit werden v.a. die Eutergesundheit und die Stressbelastung
durch Automatische Melksysteme beeinflusst. Durch euterschonendes Melken und die Möglichkeit
der tierindividuellen Anpassung von Melkfrequenz und –intervall kann beim Melken
durch ein AMS eine gute Eutergesundheit erzielt werden. Dabei spielen die Sauberkeit der
Euter vor dem Melken, das Gelingen des Melkvorgangs an sich und die Euterdesinfektion
nach dem Melken wichtige Rollen zur Vermeidung erhöhter Zellgehalte und eines Anstiegs
akuter Euterinfektionen. Außerdem gilt es über ein gutes Management des Systems die
Melkfrequenzen und –intervalle für jede einzelne Kuh richtig einzustellen, die Alarmlisten des
AMS regelmäßig zu kontrollieren und die Tiere gut zu beobachten. In Untersuchungen zeigten
Kühe v.a. in der Umstellungsphase auf AMS erhöhte Stressbelastung. Nach der Eingewöhnung
sank diese wieder ab und teilweise erhöhte Stressparameter konnten nicht eindeutig
dem AMS zugeordnet werden, sondern liegen wohl in anderen Einflussfaktoren des Haltungssystems
begründet.
Die Befragung der 42 Bio-Betriebe mit AMS zeigte, dass die Milchviehherden der Betriebe
seit der Einführung des AMS teilweise stark gewachsen waren. Ursache könnte die schnelleSeite
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re Amortisierung der teuren Investition durch eine Steigerung der erzeugten Milchmenge
sein. Das Herdenwachstum führte zu einem deutlichen Rückgang der durchschnittlichen
Weidefläche auf den Betrieben mit Weidegang. Außerdem wurde teilweise weniger Gesamtfläche
als Weide genutzt. Einige Betriebe hatten den Weidegang sogar komplett eingestellt.
Die meisten Betriebe fütterten dagegen mehr Kraftfutter als vor der Einführung des AMS.
Die Ergebnisse der beiden Teile dieser Arbeit zeigen, dass die Auswirkungen der Nutzung
Automatischer Melksysteme auf das Tierwohl maßgeblich von den Haltungsbedingungen auf
jedem einzelnen Betrieb, sowie vom Management durch den Betriebsleiter abhängen. In der
ökologischen Milchviehhaltung muss vermieden werden, dass die Nutzung eines AMS zu
einer Verschlechterung des Tierwohls führt. Gutes Tiergesundheitsmanagement und die
Beibehaltung der Weidenutzung sind daher als Bedingungen für die Vereinbarkeit Automatischer
Melksysteme mit dem Tierwohl in der ökologischen Milchviehhaltung zu fordern. Es
besteht weiterer Forschungsbedarf zur differenzierteren Betrachtung der Vereinbarkeit des
Weidegangs und der Kraftfutterreduktion mit AMS. Außerdem sollte von Seiten der Beratungsinstitutionen
der kollegiale Austausch und die Information und Weiterbildung von Bio-
Landwirten, die Automatische Melksysteme nutzen oder nutzen wollen aktiv gestaltet werden.


Zuletzt aktualisiert 2018-05-12 um 16:39