Externally funded project
Die ‚Sprache‘ der Insekten. Zur neuartigen Dignität des Unscheinbaren im 17. und 18. Jahrhundert. (Teilprojekt A4 im LOEWE-Schwerpunkt „Tier – Mensch – Gesellschaft. Ansätze einer interdisziplinären Tierforschung)
Project Details
Project duration: 01/2014–10/2017
Abstract
Während Insekten in der westeuropäischen Kultur traditionell als minderwertiges ‚Getier‘ galten, wurden sie seit der Mitte des 17. Jhs. zu einem Betrachtungs- und Forschungsgegenstand von ethischer und religiöser Qualität. Vor allem im Kontext der physikotheologischen Bewegung, zu der professionell anerkannte Naturforscher, in wachsendem Maße aber auch sogenannte Wissenschaftslaien zählten, fand im 17. Jh. eine Interessenverschiebung von seltenen und außergewöhnlichen Naturereignissen hin zu banalen und alltäglichen Naturerscheinungen statt. Kein Gegenstand hat die Zeitgenossen in diesem Zusammenhang mehr fasziniert als Insekten.
Rahmenbedingungen und Konsequenzen dieses Wandels will das Teilprojekt in den Blick nehmen und am Beispiel der Insekten das Tier- Mensch-Gesellschaft-Verhältnis im 17. und 18. Jh. untersuchen. Die Analyse der Insekten- Mensch-Relation soll einen neuen Zugang zu den Entstehungsprozessen der europäischen Aufklärung und dem Selbstverständnis ihrer Träger eröffnen.
Obwohl Insekten in der „Scala Naturae“, in der hierarchisch abgestuften Schöpfungsordnung, weit unter dem Menschen angesiedelt waren, wurde ihnen im Rahmen der Naturtheologie am Beginn der Aufklärung in religiöser, aber auch in ethischer, gesellschaftlicher, ökonomischer und ästhetischer Hinsicht eine Vorbildfunktion zugewiesen. Voraussetzung dieser neuartigen Wertschätzung der Insekten war – so die Grundthese des Projekts ein kommunikatives Verhältnis zwischen Mensch und Insekt, in dem die Insekten eine eigene, für den Menschen erst zu dechiffrierende ‚Sprache‘ entwickelten.
Durch diesen relationalen Ansatz rücken Fragen zur Hierarchie und Ordnung der Tier-Mensch-Beziehung ebenso in den Blick wie zur Subjekt-Objekt-Konstellation und ihren entsprechenden Kommunikationsmustern, die das Projekt im Hinblick auf das vormoderne Tier-Mensch-Verhältnis sowie auf seine Rolle in der Genese der Aufklärung systematisch untersuchen will.