Externally funded project
FAIRDIENSTE (FAIRDIENSTE)
Project Details
Project duration: 02/2021–04/2024
Website: https://www.uni-kassel.de/fb05/fachgruppen-und-institute/soziologie/fachgebiete/soziologische-theorie/forschung
Abstract
Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen vermarkten, stehen oft vor dem Dilemma, dass ihr Interesse und ihr Bedarf an Kundendaten dem Wunsch der Kundinnen und Kunden nach Privatheit entgegensteht. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet es einen Eingriff in ihre Selbstbestimmungsrechte, wenn sie zu viele Daten preisgeben müssen oder durch digitale Überwachung in ihrem Verhalten unbemerkt gelenkt werden. Im Projekt „Faire digitale Dienste: Ko-Valuation in der Gestaltung datenökonomischer Geschäftsmodelle (FAIRDIENSTE)“ wird dieser Strukturkonflikt zum Anlass genommen, verschiedene Wege der fairen Vermittlung von Werten im Zuge der Geschäftsmodellgestaltung mit soziologischen und (wirtschafts-)informatischen Ansätzen auszuloten und in Beziehung zu setzen. Erstens wird untersucht, inwiefern sich unterschiedliche Werte in eine ökonomische Sprache der Preise übersetzen und fair verrechnen lassen (Verrechnung). Zweitens wird herausgearbeitet, wie Unternehmen ihre ökonomische Gestaltungsmacht nutzen können, um Wertkonflikte zu kanalisieren (Design). Drittens wird geprüft, inwiefern die Aushandlung von Wertkonflikten über Social-Media-Elemente ausgelagert werden kann, um unter den Nutzerinnen und Nutzern eine Kultur der Fairness zu befördern (Kultivierung). Entwickelt und praxisnah getestet werden soll so eine multidimensionale Methodik der „Ko-Valuation“, d. h. der kooperativen Wertevermittlung, die Unternehmen dabei hilft, ihre wirtschaftlichen Geschäftsmodelle mit Gesichtspunkten datenökonomischer Fairness in Einklang zu bringen.
Das Projekt ist eine Kooperation der Fachgebiete Soziologische Theorie (Prof. Dr. Jörn Lamla, Verbundkoordination), Gender/Diversity in Informatics Systems (Prof. Dr. Claude Draude) sowie Wissensverarbeitung (Prof. Dr. Gerd Stumme) an der Universität Kassel, dem Institut für Wirtschaftinformatik und Neue Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Dr. Thomas Hess), dem Unternehmen BurdaForward (Dr. Richard Weber, München) sowie dem Institut für Technik und Journalismus (Miriam Ruhenstroth, Berlin).
Das soziologische Teilvorhaben greift insbesondere auf die Forschungsrichtung der Soziologie der Konventionen zurück. Diese betont, dass monetäre Wertgesichtspunkte nicht die einzigen Maßstäbe zur Wertvermittlung sind; vielmehr geht es im Rahmen komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge stets um die Koordination und Vermittlung einer Pluralität von Wertgesichtspunkten. Das Teilprojekt verfolgt mit diesem soziologischen Ansatz das Ziel, durch interdisziplinäre Kooperation mit den Verbundpartnern aus dem Feld der Wirtschaftsinformatik und Informatik, aber auch durch Rückgriff auf Expertise der Praxispartner die sozialen, technischen und ökonomischen Konstellationen der Wertvermittlung in den Blick zu nehmen. Dabei leistet das soziologische Teilprojekt für jeden der drei Ansätze zur Ko-Valuation einen zentralen Beitrag: So wird die Perspektive der Soziologie der Konventionen zur Erforschung der Potenziale und Grenzen des Verrechnungsansatzes, zur Erforschung von Wertkonflikten und deren Auflösung bei der Umsetzung des Designansatzes und zur Förderung von kritischen Kompetenzen von Verbraucher*innen zur Bewertung und fairen Vermittlung von Wertkonflikten im Rahmen des Kultivierungsansatzes herangezogen.
Beteiligte Personen des Fachgebiets Soziologische Theorie:
- Prof. Dr. Jörn Lamla
- Dr. Jonathan Kropf
- Dr. Markus Uhlmann
siehe auch https://www.forschung-it-sicherheit-kommunikationssysteme.de/projekte/fairdienste